Der 8. Mai 1945 markiert das Ende der nationalsozialistischen Diktatur, der Europa mit Krieg, Terror und Millionen Toten überzog. Es ist gut und richtig, dass wir uns diesem Kapitel der Geschichte mit Demut und Verantwortung stellen. Doch was in unserer heutigen Erinnerungskultur fehlt, ist ein ehrlicher, ausgewogener Umgang mit der eigenen Vergangenheit – jenseits von ideologischer Selbstverleugnung und nationaler Dauerbuße.
Seit Jahrzehnten dominiert eine Gedenkkultur, die immer mehr auf eine ritualisierte Schuldverinnerlichung setzt. Der 8. Mai wird pauschal als „Tag der Befreiung“ gefeiert – aber wer darf sich hier wirklich als befreit betrachten? Für Millionen Deutsche bedeutete das Kriegsende nicht nur das Ende der NS-Diktatur, sondern auch Vertreibung, Vergewaltigung, Gefangenschaft und Tod. Wer diese Opfer ausklammert oder relativiert, betreibt keine Erinnerungskultur, sondern betreibt Geschichtspolitik.
Die heutige Bundesrepublik leidet unter einem tief verankerten Schuldbewusstsein, das sich in der politischen Praxis als moralische Waffe gegen nationale Identität und Souveränität richtet. Jede Form von Patriotismus wird reflexartig mit der NS-Zeit gleichgesetzt, als sei das gesamte deutsche Volk auf ewig moralisch enteignet. Diese Haltung verhindert nicht nur eine gesunde nationale Selbstachtung, sondern schwächt auch unsere Fähigkeit, uns als eigenständige Gesellschaft im internationalen Diskurs zu behaupten.
Der 8. Mai sollte Anlass sein, allen Opfern des Krieges zu gedenken – den Millionen in Europa, aber auch den deutschen Zivilisten, den einfachen Soldaten, den Vertriebenen. Es ist Zeit für eine Erinnerungskultur, die nicht ideologisch verzerrt, sondern historisch gerecht ist. Eine Kultur, die nicht aus der Schuld lebt, sondern aus der Verantwortung. Verantwortung heißt: nie wieder Totalitarismus – gleich welcher Couleur. Aber auch: nie wieder nationale Selbstverleugnung unter dem Deckmantel der „Vergangenheitsbewältigung“.
Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung von einer mörderischen Diktatur. Doch für Deutschland war er auch ein Tag der Niederlage, der Demütigung und der nationalen Zerschlagung. Wer Geschichte ernst nimmt, muss diese Ambivalenz aushalten – und sich ihr stellen. Ohne Schuldstolz. Ohne Selbsthass. Sondern mit Augenmaß und Mut zur Wahrheit.
0 Kommentare